Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, dass Entscheidungen zum Schutz vor Infektionen bei einer Epidemie – oder sogar Pandemie – gesetzlich nicht ausreichend geklärt waren. Der Deutsche Bundestag hat daher das Bevölkerungsschutzgesetz überarbeitet.

Warum gibt es ein Bevölkerungsschutzgesetz
Ziel dieses Gesetzes ist es, eine drohende und wahrscheinliche Ansteckung mit einem gefährlichen Erreger zu verhindern, mindestens zu vermeiden. Das Gesetz soll vor allem diejenigen schützen, die von einer Krankheit besonders bedroht sind – zum Beispiel, weil sie besonders anfällig oder durch Vorerkrankungen geschwächt oder gefährdet sind.


Warum wurde das bisherige Bevölkerungsschutzgesetz geändert?
Die Gesetzeslage erfüllt nicht alle Anforderungen der Pandemiebekämpfung im Jahr 2020. Eine Pandemie dieser Dauer und dieses Ausmaßes sahen die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland bisher nicht vor. Deshalb erfolgen jetzt notwendige Anpassungen.

Notwendig waren diese mit Blick auf die Rechtsgrundlagen im Bund und in den Ländern (Zuständigkeiten und Befugnisse), zu Impfungen und Impfstrategien sowie zur finanziellen Absicherung der Krankenhäuser.

Der Deutsche Bundestag wird den gesetzlichen Rahmen konkret an die Covid-19-Pandemie anpassen. Handlungsmöglichkeiten für Bund und Länder werden präzisiert, sie werden nicht ausgeweitet.
 

Was regelt das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (Bevölkerungsschutzgesetz)?
Schon jetzt gestattet das Infektionsschutzgesetz der Bundesregierung und den Landesregierungen notwendige Schutzmaßnahmen auf den Weg zu bringen, um die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern.
Mit dem Gesetz wird Rechtssicherheit für Pandemiemaßnahmen hergestellt. Dafür wird der Begriff der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ präzise definiert. Ein neuer Paragraf des Infektionsschutzgesetzes zählt alle möglichen Schutzmaßnahmen auf.


Welche möglichen Schutzmaßnahmen werden im Gesetz genannt?
Das Infektionsschutzgesetz ermöglicht Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Diese müssen zum Schutz der Bevölkerung sinnvoll und notwendig sein. Zu diesen Maßnahmen zählen:
  • Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum
  • Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum
  • Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung (Maskenpflicht)
  • Auflagen für Einrichtungen, die der Kultur- oder Freizeitgestaltung zuzurechnen sind, bzw. Verbote, zu öffnen
  • Auflagen für Sport-, Freizeit-, Kultur- und ähnlichen Veranstaltungen, bzw. Verbote der Durchführung
  • Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen zur Betreuung oder Förderung von Kindern und Jugendlichen (Kitas, Schulen etc.) oder ähnlichen Einrichtungen, bzw. Auflagen für die Fortführung ihres Betriebs
  • Auflagen, Einschränkungen oder sogar Verbote für Übernachtungsangebote (Hotels, Jugendherbergen u.a.m.)
  • Betriebs- oder Gewerbeuntersagungen oder Schließung von Einzel- oder Großhandel oder Beschränkungen und Auflagen für Betriebe, Gewerbe, Einzel- und Großhandel
  • Auflagen für Veranstaltungen oder Verbote
  • Auflagen für Versammlungen oder religiöse Zusammenkünfte bzw. Verbote
  • Verbot der Alkoholabgabe oder des Alkoholkonsums auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder zu bestimmten Zeiten
  • Schließen von Bars, Kneipen, Restaurants oder anderen gastronomischen Einrichtungen
  • Anordnung zur Aufnahme von Kontaktdaten von Kunden, Gästen oder Veranstaltungsteilnehmern, um nach Auftreten eines Infektionsfalls mögliche Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können
  • Reisebeschränkungen 

Woran orientieren sich Einschränkungen des täglichen Lebens? Gibt es Grenzwerte?

Eine Orientierung für die Entscheidungen der Länder gibt der sog. „Inzidenzwert“. Er ist eine Bezugsgröße, die sich an Auswirkungen orientiert.

Derzeit gelten Inzidenzwerte von unter 35, bis 50 und über 50 neuer Infektionsfälle pro 100 000 Einwohner in den letzten 7 Tagen. Diese Schwellen stellen ein Frühwarnsystem dar, um den Schutz von Leib und Leben und die Funktionsfähigkeit unseres Gesundheitssystems weiterhin gewährleisten zu können.

Infizieren sich weniger als 35 Personen je 100 000 in 7 Tagen kann man eine Kontaktnachverfolgung gut sicherstellen.

Sind es 50 Personen oder mehr, ist der Inzidenzwert 50 oder höher. Jetzt können die zuständigen Gesundheitsämter nicht mehr alle Kontakte einer/es Corona-Infizierten kontaktieren  und warnen. Die Infektionskurve wird daher unkontrolliert steigen, eine Überlastung des Gesundheitssystems droht.


Erhalten der Gesundheitsminister, die Bundesregierung oder Landesregierungen jetzt besondere Rechte?

Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil:
  • Einschränkungen der Grundrechte sind ausdrücklich nur dann möglich, wenn sie medizinisch notwendig oder dringend empfohlen sind.
  • Versammlungs- oder Besuchsverbote in Pflegeheimen sind nur möglich, wenn trotz aller Schutzmaßnahmen erhebliche Gefahren für die Bewohner bestehen.
  • In Senioren- und Pflegeheimen müssen Kontakte und Besuche möglich sein.
  • Rechtsverordnungen der Länder sind künftig zu begründen, um die Schutzmaßnahmen transparent zu machen.
  • Einschränkungen sind zu befristen. Wenn sie länger als vier Wochen gelten sollen, müssen sie ausdrücklich verlängert werden. Juristen nennen das „Grundrechtsschutz durch Verfahren“.

Wie ist der Vorwurf zu bewerten, es handelt sich um ein ‘Ermächtigungsgesetz’?

Dieser Vorwurf ist durch nichts in dem Gesetz gerechtfertigt und reine Propaganda.

Übrigens eine sehr geschichtsvergessene Propaganda.
 

Wird das Parlament stärker in die Pandemiebekämpfung eingebunden?
Das Gesetz präzisiert, wann die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht, weil
  1. die Weltgesundheitsorganisation eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen hat und die Einschleppung einer bedrohlichen über-tragbaren Krankheit in die Bundesrepublik Deutschland droht oder
  2. eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland droht oder stattfindet.

Zudem muss die Regierung dem Deutschen Bundestag regelmäßig über die Entwicklung der epidemischen Lage berichten. Neu ist auch, dass der Deutsche Bundestag den Ländern vorgeben darf, dass ihre Rechtverordnungen befristet und begründet sein müssen.
 

Wie lang sind die Einschränkungen gültig?
Um die zur Bewältigung der Pandemie getroffenen Schutzmaßnahmen so weit wie möglich zu begrenzen und auch transparent zu machen, sind Rechtsverordnungen der Länder künftig zu begründen. Sie sind ab jetzt generell befristet und müssen, wenn sie über vier Wochen hinaus gelten sollen, verlängert und begründet werden.


Wird das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ohne die Öffentlichkeit entschieden?
Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie. Alle Gesetze werden intensiv debattiert. Dabei werden Regierung und Opposition sowie Fachleute innerhalb und außerhalb des Bundestags – oder der Landtage – beteiligt. Die Beteiligung findet in den zuständigen Ausschüssen statt. Das gilt auch für das neue Infektionsschutzgesetz.

Richtig ist auch: Eine öffentliche Debatte kann parallel stattfinden. Sie wirkt indirekt und nicht unmittelbar auf die Gesetzgebung ein. Diese Debatten werden zum Beispiel über die Medien – TV, Radios, Zeitungen und Zeitschriften - geführt, oder über Vereine und Verbände. Die Ergebnisse dieser Beratungen fließen in die Debatte der Parlamente ein.

Wo kann ich das Gesetz lesen?
Der Gesetzestext ist hier öffentlich zugänglich. Wie im parlamentarischen Verfahren üblich finden Sie Änderungen, die noch in das Gesetz eingehen sollen, in der sogenannten Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses. Diese Beschlussempfehlung finden Sie hier. 

Werden durch das Gesetz meine Grundrechte ausgehebelt?
Nein. Grundrechte sind nicht unbeschränkt gewährleistet. Sie enden dort, wo die Grundrechte anderer beginnen, und müssen in einen sorgsamen Ausgleich gebracht werden. Das ist seit Gründung der Bundesrepublik schon immer so, aber es kommt in der aktuellen Krise besonders deutlich zum Tragen. An diesen Grundsätzen ändert sich auch mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz nichts.


Bekomme ich nun eine Maske auf Rezept?
Das Gesetzt schafft die Voraussetzung dafür, dass künftig in bestimmten Fällen auch einen Anspruch auf Schutzmasken entsteht. Ziel soll dabei sein, das Ansteckungsrisiko für Personen zu vermindern, für die ein besonders hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf mit SARS-CoV-2 besteht. Eine Rechtsverordnung ist vorgesehen, in der unter anderem festgelegt werden soll, welche besonders gefährdeten Risikogruppen einen solchen Anspruch haben werden. Auch kann die Art der Schutzmaske, wie beispielsweise FFP-2-Schutzmasken, sowie die Anzahl der vom Anspruch umfassten Schutzmasken in der Rechtsverordnung bestimmt werden.


Was regelt das Gesetz im Bereich einer möglichen Schutzimpfung?

  • Alle Menschen sollen grundsätzlich Anspruch auf eine Corona-Schutzimpfung haben.
  • Dieser Anspruch gilt auch für Menschen ohne Krankversicherung.
  • Noch haben wir in Deutschland keinen zugelassenen Impfstoff gegen Corona im Einsatz.
  • Wenn es soweit ist, sollen nicht nur Versicherte, sondern auch Nichtversicherte einen entsprechenden Anspruch haben können. Dies wird zu gegebener Zeit durch eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit sichergestellt.
  • Es wird keine Impfflicht gegen Covid-19 geben.


Wird es eine Impfpflicht gegen Covid-19 geben?

Nein.

Die Bundesregierung und die CDU Deutschlands wollen keine Impfpflicht. Davon war und ist keine Rede. Es wird auch mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz keine Impfpflicht geben. Das Gesetz schafft lediglich die Voraussetzungen dafür, dass alle, die es wollen geimpft werden können.


Wie wird die Impfung im Fall Corona erfolgen?

Zu diesem Zweck erarbeitet die Bundesregierung ein Impfkonzept, das Leitlinien erstellt. Diese legen fest welche Personengruppen sich zuerst, welche sich danach impfen lassen können. Wir sind zuversichtlich, dass wir das Ziel einer ausreichend hohen Impfquote auf diesem Weg erreichen. Dafür erkennen wir schon heute eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.


Aber…?

Nein.


Gibt es weitere Neuregelungen im Gesetz?

Ja.

  • Durch die digitale Einreiseanmeldung soll eine bessere Nachverfolgung des Infektionsgeschehens ermöglicht werden.
  • Die mit dem ersten Bevölkerungsschutzgesetz im März 2020 geschaffene Entschädigungsregelung für Eltern wird fortgeführt. Neu ist, dass bei einem unter Quarantäne gestellten Kind ebenfalls eine Entschädigungszahlung ermöglicht wird.
  • Der Begriff des Risikogebiets wird legaldefiniert.
  • Der Anspruch auf Verdienstausfall entfällt zukünftig, wenn eine vermeidbare Reise in ein Risikogebiet zugrunde liegt.
  • Krankenhäuser erhalten Entschädigung, wenn sie für Corona-Behandlungen Intensivbetten freihalten müssen.
  • Auch Reha-Kliniken und Müttergenesungswerke werden finanziell entlastet.


Wann soll das Gesetz in Kraft treten?

Das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz und die Änderungen im Infektionsschutzgesetz treten am 19. November in Kraft.

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